Wenn Maschinen uns ersetzen
- Carina
- 10. Nov. 2024
- 4 Min. Lesezeit
"KI" - Fluch oder Segen?
Fälschlicherweise als „Künstliche Intelligenz“ bezeichnete Programme wie „ChatGPT“ geistern durch alle Medien. Millionen Menschen in der Welt nutzen solche Techniken für unterschiedliche Zwecke, die Resultate sind oft verblüffend. Da liegt es nahe, mit Microsofts ChatGPT auf die Schnelle ein paar Bücher zu schreiben. Auf die Schnelle? Und gleich ein paar? Ja, genau das wurde zu Amazons Problem.
Seit Herbst 2023 versucht Amazon den schier unglaublichen Mengen an KDP Veröffentlichungen Herr zu werden: Pseudo-Autor:innen pfuschen zunehmend mitten hinein in den Buchmarkt. In den USA wurde der gesamte "Ratgeber-Buchmarkt" in kürzester Zeit mit mehr als 140.000 Büchern geflutet. Grund für den Internet Giganten die bisherigen Regeln zu verschärfen und die Upload-Rate auf:
"drei Bücher pro Person je Tag"
zu begrenzen, sofern sie mit KI generiert wurden. Hm, drei Bücher pro Tag je Person ... Was soll der Unsinn darf man sich fragen, denn die Bewertungen von “KI”-Büchern lauten bislang zumeist "grottenschlecht bis Betrug!" ABER eine schlechte Bewertung bedeutet: Das Buch wurde gekauft und somit kommt Geld rein. Nicht nur für Herausgebende, sondern auch für Amazon, daher reagiert der Konzern zurückhaltend. udem plagt den Riesen Bewertungsbetrug im großen Stil. Das größte Einkaufsportal hat eines nicht im Griff: Bots unterwandern die Nachweispflicht des Kaufs und puschen die Bewertungen bis an die Spitze der Bestsellerlisten. Da fallen ein paar schlechte Meinungen nicht mehr auf. Natürlich gibt es schon KI-generierte Romane, Liebes- oder Kurzgeschichten werden dafür gerne gewählt - das kriegt die “KI” mit langweiligen Sätzen hin. Doch wie lange wird es dauern, bis aus den Milliarden verfügbaren Buchseiten (bspw. Google Gutenberg-Projekt) eine “KI” so trainiert ist, dass sie Stile von echten Bestsellern gekonnt aufs digitale Papier bannt? Vor einem Jahr bejahte das Programm diese Frage und wollte auch gleich loslegen. Das Resultat: Enormes Wissen über unser gewünschtes Genre und angegebene Beispielromane - doch das, was letztendlich als Geschichte zum Vorschein kam, war sterbenslangweilig und viel zu "gestelzt", jedoch in perfektem Deutsch geschrieben. Kürzlich fragten wir erneut und siehe da, ChatGPT verneinte mit dem Hinweis: „NEIN, das liegt außerhalb meiner Fähigkeiten. Ich kann dir aber helfen und Kapitel vorschlagen.” Siehe da, das Programm lernte sich einzuschätzen oder eine technische Hürde soll nun die Nutzung von Elementen aus mehr als 400 Milliarden Beiträgen verhindern. Ob es mit einer USA-IP im Browser funktioniert, wäre eine Prüfung wert.


KI-Entwickler und Betreiber sehen Millionenklagen entgegen. Nachdem im vergangenen Jahr 8000 Schriftstellende, darunter Bestseller wie Franzen, Martin, Grisham u.a. Klage gegen Microsoft wegen „Urheberrechtsverletzungen im großen Stil mit dem Ziel der Erwirtschaftung von Einkünften“ einreichten, beschreitet die „New York Times“ ebenfalls den Rechtsweg. Der Axel-Springer-Verlag und die Presseagentur Associated Press (ap) eingten sich schon mit ChatGPT ohne großes Aufsehen auf Zahlungen von „mehrere Millionen Dollar pro Anno“. Den kommenden Klagen und Vereinbarungen folgt zudem der angestrebte Prozess einer anonymen Personengruppe, die nicht nur „Open AI“, sondern auch andere Betreiber den missbräuchlichen Diebstahl von sensiblen Personendaten vorwerfen.
Visuelle Künstler, Fotografen und GrafikerInnen verhielten sich bislang zurückhaltend, doch den Grafik- und Video-„KI“- Generatoren „Stable Diffussion“, „DALL-E“ sowie „Mindjourney“ geht’s durch einen Zusammenschluss, zu dem auch „Getty Images“ gehört, an den Kragen.
Die kommende Prozesslawine in den USA wird die moderne Technologie nicht aufhalten.
Kreative Geister wie wir betrachten die Zukunft nicht nur skeptisch, sondern auch gespannt. Es ist sinnlos, Fortschritt zu verteufeln. Selbst das Radio und Fernsehen wurden einst als "Bedrohung" der Sitten und der gesellschaftlichen Ordnung beschimpft. Immerhin beruhen auch Übersetzungstools wie „deepl“ und „Google“ oder "Facebook" auf Algorithmen, die unser Verhalten analysieren, stetig dazu lernen und in Millisekunden reagieren. Zudem arbeiten manche Geräte im Haushalt mit raffinierter Elektronik, die fortwährend weiterentwickelt wird.
John Lennon und George Harrison lächeln vermutlich im Rock`Roll Himmel über ihren Hit „Now and Then“, der sei-nerzeit durch Lennons Tod unvollendet blieb und nun dank „KI“ mit mühseligem Einsatz in höchster Vollendung die Charts eroberte.
Das „Beatles“-Beispiel und Kompositionen oder Neuinterpre-tierungen sowie die Werbeindustrie zeigen, dass die Kreativi-tät nicht auf der Strecke bleibt. Sie erweitert sich lediglich und über eines sollte man sich selbst einmal bei ChatGPT, Dreamstudio und anderen „KI“-Tools durch Versuche im Klaren werden: Möchte man nicht nur spielen, sondern ein gezielt im Kopf geplantes Werk vollbringen, ist das mit enormen zeitlichen Aufwand verbunden und benötigt abge-sehen von Chat-GPT neben perfekten Englischkenntnissen eine gehörige Portion Wissen über Prompts, so werden die Eingaben genannt. Dafür gibt es zwischenzeitlich schon einen neuen Beruf. Prompts sind clever gewählte Befehle an die KI, um ein bestimmtes Resultat zu erzielen. So etwas kann Stunden, sogar Tage und Wochen benötigen. Doch im Gegenzug sparen sie sehr viel Geld für andere Leistungen ein: Fotografen, Stylisten, Models, Grafiker, Videoproduzenten, Reisebüros, Texter, und so weiter.
Im Gegensatz zur kritischen Mahnung: „KI“ bedrohe Arbeitsplätze im Verlagswesen gibt es konträre Meinungen. Elektronik kann besonders bei Routineabläufen Zeit sparen, wodurch WissenschaftlerInnen, Leute der Kreativabteilung sowie AutorInnen Arbeitsschritte einsparen, um sich ihren eigentlichen Aufgaben verstärkt zu widmen.
Auch in Buchverlagen werden „KI“-Programme getestet, um durch den Einsatz spezialisierter Technologien Kosten zu sparen. Fortschrittliche Technik verbannte seit jeher Hand-werksberufe. Der Beruf des “Schriftsetzers” beispielsweise ist seit Anfang der 80-er Jahre ausgestorben. In manchen Verlagen entwerfen Programme schon Klappentexte, liefern Lektoratvorschläge, analysieren den Markt, um frühzeitig Trends zu erkennen und üblerweise entscheiden auch Algorithmen oftmals darüber, ob ein Buchvorschlag als Exposé oder Manuskript einer genaueren Betrachtung wert ist. Im Umkehrschluss kann es sinnvoll sein, sich beispielsweise beim Schreiben eines Buches von einer “KI” helfen zu lassen. Nicht immer findet sich auf Anhieb ein kompetenter Gesprächspartner oder -partnerin, um über Plots zu diskutieren oder ein Kapitel auf Logik zu überprüfen. Diese Auseinandersetzungen kann man sehr wohl auch mit Programmen führen, und sei es nur zur Inspiration. Um “ein anderes Wort zu finden”, oder “Synonyme” und zur Kontrolle der Grammatik setzen wir ja auch schon seit Jahren IT-Technik ein. Es ist also nur eine weiterer Schritt.
Es geht technisch unaufhaltsam voran und ob wir “Handwerker” mithalten, ist keine kurz- sondern eine langfristig zu klärende Frage. Wir glauben nicht, dass menschliche Kreativität in Wort, Bild, Film oder Kunst umfassend durch IT-Programme ersetzt werden kann.
Buchschreiber in Ghostwriters Schreibstube
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