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Ist Holz zu wertvoll für Papier? EUDR: Gute Idee - schlecht gemacht.

  • Autorenbild: Thomas Kern
    Thomas Kern
  • 4. März
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 7 Tagen

von Thomas Kern

Ist Holz zu wertvoll für Papier? Die Idee der EUDR ist gut - die Umsetzung jedoch nicht.

Wie schon so oft, wurde auch diese gesetzliche Regelung nicht durchdacht.

Holz, Holzwirtschaft, Wald, Wälder,

Der Wandlung ins Computer-Zeitalter lag einst auch der Gedanke nachhaltigen Handelns zugrunde. Digitale Techniken sollten das Leben vereinfachen, sowie den gigantischen Holzverbrauch in der Papierherstellung drastisch reduzieren. Das ist nicht gelungen. Allen guten Vorsätzen zum Trotz wuchs der weltweite Bedarf an Papier laut WWF von beispielsweise 130 Millionen Tonnen im Jahr 1970 auf stattliche 415 Millionen Tonnen im Jahr 2019 und erreichte jüngst 500 Millionen Tonnen. Laut „NaBu“ werden in Deutschland jährlich 19 Millionen Tonnen Papier mit Werbung bedruckt, die sich in 28 Milliarden Prospekten und Katalogen sowie in 46,7 Milliarden Anzeigenzeitungen wiederfinden.

Versicherungskonzerne, Behörden, Landes- und Kreisverwaltungen stehen diesem Papierverbrauch in nichts nach: Allein das Bafög-Hauptamt druckt wöchentlich zwischen 35.000 und 50.000 (fünf-zigtausend) DIN-A4-Seiten aus, obwohl die Daten online verfügbar sind. Hinzu gesellen sich durchschnittlich jährlich 56 Millionen A-4 Seiten allein nur im Rahmen der Regierungsarbeit in Berlin, sowie Millionen Zeitungen und Magazine sowie zig Millionen gedruckte Bücher. Das Umweltbundesamt stellte zudem für 2021 einen unfassbar hohen Anstieg von Verpackungen in Form von Papier und Karton auf 19,7 Millionen Tonnen fest. Trotz dieser Mengen verbraucht die Papierherstellung mit weniger als zehn Prozent den geringsten Teil des Baumbestandes. Holzhäuser, Fußböden, Baumaterial und Möbel sind gefragt wie niemals zuvor. Mehrfache Verteuerungen des Rohstoffs schadeten dem Absatz nicht. Neben der verwertenden Rodung für Papier, Möbel- und Bauwirtschaft fielen insbesondere in Deutschland unfassbar große Baumflächen der Witterung, Großbränden und Schädlingen zum Opfer. Mittlerweile setzen die Waldflächen in Deutschland mehr CO2 frei, als sie in Form von Kohlenstoff binden können. Statt zu schützen, schaden sie dem Klima. Dabei geht es nicht nur unseren heimischen Wäldern dramatisch schlecht, sondern der gesamte weltweite Waldbestand reduzierte sich in nur wenigen Jahren um fast 27%. Relevante Wälder müssen bewahrt und geschützt werden. In diesem Sinne verabschiedete das EU-Parlament ein Gesetz zur Nachweispflicht für Holz in der papierverarbeitenden Industrie, das Ende 2024 in Kraft tritt. Ist Holz zu wertvoll für Papier?


Laut „EU-Entwaldungsverordnung“ müssen Erzeugerland, Geokoordinaten des Grundstücks, auf dem das Holz wuchs und der Zeitpunkt der Entnahme dokumentiert werden.


Betroffen sind nicht nur Papierfabriken, Verlage und Druckereien, sondern auch HerausgeberInnen von Büchern, die über Logistikunternehmen wie Libri oder Zeitfracht in den Handel gelangen sollen. Die Logistiker unterscheiden gesetzestreu nicht zwischen aktuell, also neu gedruckten Werken und Büchern, die vor einigen Jahren gedruckt wurden. Doch kaum eine Druckerei kann die erforderlichen Daten für zurückliegende Auflagen übermitteln. Dies wird auch dadurch erschwert, dass nicht jede Auflage aus einer  Papierrolle resultiert. Zudem ist es nicht unüblich, Papier aus verschiedenen Holzlieferungen herzustellen. Noch komplizierter, wenn überhaupt machbar, wird die  Datenbeschaffung für Recycling-Papier, das aus einer Vielzahl verschiedenster Altpapiere hergestellt wird. 


Grundsätzlich stellt sich die Frage der Kontrolle. Das mit Abstand größte Erzeugerland für Papier ist China, dicht gefolgt von den USA, Japan und Finnland. Afrika steht derzeit an 7. und Kanada an 8. Stelle des Erzeugervolumens. China wiederum produziert Papier und Möbel mittlerweile zum beträchtlichen Teil aus brasilianischem Holz. Die dort staatlich unterstützte Holzwirtschaft ist bekanntlich skrupellos und rodet gigantisch große Gebiete des Regenwalds zur Gewinnung von Edelhölzern und zur Steigerung der Masse insgesamt.  


Bäume sind jedoch viel mehr als eine Ware. Wälder sind zum Klimaerhalt und im Artenschutz zwingend erforderlich. Die Ressourcen der Erde sind nicht nur erschöpft, sondern oftmals schon aufgebraucht. Wie in der heftig diskutierten „Mobilitätswende“ sind wir in Erfindungen ökologisch notwendiger und ökono-misch machbarer Alternativen nicht schnell genug. Papier aus Gras, Hanf oder Bambus nebst  Mischungen und Plantagen mit schnell wachsenden Hölzern wie beispielsweise Paulownia stimmen hoffnungsvoll, doch bis klassisches Holz für alle genannten Bereiche wirkungsvoll ersetzt werden kann, bedarf es noch vieler Jahre. Hier wären EU-Verordnungen und Fördermittel mindestens ebenso wichtig, wie beispielsweise Einfuhrbeschränkungen, die über die bisherige EU-Holzverordnung hinausgehen, (VO-EU Nr. 995/ 2010, so genannte European Timber Regulation).


Sind E-Books eine wunderbare Alternative? Die Verkaufszahlen signalisieren das nicht. Ihr Marktanteil lag 2022/23 bei 6,3 % und stagniert seitdem. Stattdessen boomen  Hörbücher, die  auch ohne  Papier auskommen. Mit Büchern aus Papier sind Emotionen verbunden, die kein elektronischer Lesestoff jemals wird hervorrufen können. Fühlen, riechen, berühren, umblättern - Papier ist ein Erlebnis.  Ich zumindest würde nur  ungerne auf meine Büchersammlung verzichten wollen, genauso, wie auf meine Schallplatten und CDs und das, obwohl es inzwischen jede Art von Musik und auch Hörbücher als Mp3-Download, YouTube-Video oder als Stream bei Spotify gibt. Aber ich finde es schön, mein Lieblingsbuch oder mein Lieblingsalbum als physisch existentes, begreifbares Medium zu besitzen. Insofern wird es dringend erforderlich, eine haptisch gleichwertige Druckkunst mit alternativen Rohstoffen zu forcieren.  


Brüssel reagiert indes auf die nachvollziehbaren Rügen europäische Verlage und verschob die Inkraftsetzung der Verordnung auf 2026 und teilweise in das Jahr 2027. Wer und wie die Einhaltung des Gesetzes letztlich überprüft wird, ist bislang noch völlig ungeklärt. Dokumente aus China oder aus den USA sind am Schreibtisch in Brüssel nicht kontrollierbar.

 
 
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