Textproben
Textproben auszugweise aus unseren Büchern, Essays und redaktionelle Artikel. Kurztexte mit Download für jeweils eine PDF mit weiteren Zeilen. Gerne senden wir weitere und umfangreichere Muster sowie Bücher, in denen wir als Autor genannt sind, beispielsweise:


Manchmal hängt sie nur so rum
und liest ein gutes Buch.
Auszüge aus Biografien:
von Andreas Vones
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a) Lebensabschnittsbiografie, Migration nach Schweizer Art:
Hamis arbeitete als Reinigungskraft der Züge, die ich begleitete, und war damals Anfang 40. Sein Erscheinungsbild und seine Ausstrahlung hatte sich jedoch sehr viel Jugendliches bewahrt. Das Jungenhafte strahlte er über seine schmale Taille mit hüftlangen Rasta-Zöpfen und strahlend weißen Zähnen aus, die er mit seinem breiten Grinsen gerne zeigte. Durch alle Poren spross dem stolzen Mann aus Afrika das magische „Hakuna Matata Mantra: No Problem! Niemals! Take it easy!“ So stellt man sich jung gebliebene Bob Marley Fans im fortgeschrittenen Alter vor, wenn sie nach fünf Stunden Surfen am Strand von Jamaika anlanden. Es fehlte nur die dicke Qualmgranate zwischen den Lippen. Na ja, eigentlich fehlte die gar nicht, sie war nur zu Hause geblieben, doch das wusste ich damals noch nicht. „Hamis ist Kenia!“ Mit dieser Metapher könne ich mir sowohl seinen Namen als auch seine Heimat einfach merken, grinste er. Hamis wohnte in Biel und sprach Schweizer Deutsch. Um es bildlich zu machen: Stell dir einen Rastaman am karibischen Strand vor, der dir den Weg nach Trenchtown in Schwyzerdütsch erklärt. Nun ein Bild vor Augen? Chunsch drus? (Hast du es verstanden?) Wie, wo und von wem er Schwyzerdütsch lernte? Von einer Frau natürlich. Denn so anziehend, wie er auf das weibliche Geschlecht wirkte, so magnetisierend wirkten Frauen auch auf ihn. ... >
b) Autobiografie eines erfolgreichen Goldsuchers:
Im Hotel roch es muffig nach Feuchtigkeit, vermodernden Balken und Dreck. Angeführt vom billigen Desinfektionsmittel, herummarodierenden Wanzen und vergammelten Holz stank es erbärmlich. Ein miesepetriger Chéfe in blauer, verschlissener Uniform, an deren Jacke das Schildchen "Chéfe de Hotel" prangte, mimte den Empfangsleiter, Gepäckjunge, Kellner und Verwalter in Personalunion. Mein Zimmer entsprach meiner Vermutung: Winzig, düster, stinkend. Die einzige Belüftung der 45 Grad schwülen heißen Luft waren drei Luftlöcher, die zwischen Wand und Decke pulsierend vor sich hin moderten. Das Mobiliar bestand aus einem rostigen Eisenbett, das viel älter als ich war und die Matratze spottete jeder Beschreibung. Dazu gab es einen klapprigen Nachttisch nebst gelblichem Nachttopf. Stuhl und Tisch suchte ich hier vergeblich. Für die Kleidung waren zwei Nägel in die Wand geschlagen und um sich zu waschen, musste man am Ende des Flures eine gruselige Gemeinschaftsdusche benutzen, deren braune Wasserbrühe anscheinend direkt aus dem Sumpf hinter dem Haus gepumpt wurde. Kaum hatte „Chéfe“ die Tür hinter sich geschlossen, spürte ich die kurzzeitig vergessene Angst. Sie kam leise zurück, fies und nahm meine Seele unaufhaltsam in ihren Besitz. Ich zählte die Stellen der Wand, wo der Putz abgebröckelt war, beobachtete die Cucarachas am Boden, hörte das böse Summen der Mosquitos. Angstschweiß vermischte sich mit den gewöhnlichen Ausdünstungen, rann über meine Bartstoppeln und sammelte sich auf Hals und auf dem Rücken. Das alte Hemd und die Leinenhose passten gut zum Zimmer und rochen genauso. Nun war die Angst wieder greifbar und es war mir klar: Das Zimmer ist nichts weiter als ein unsicheres Gefängnis. In düstere Gedanken vertieft spielte meine linke Hand mit den Nuggets ... >
c) Schicksalsjahre im Schwarzwald - ein nicht selbstbestimmtes Leben
Die Zeiten haben sich seit meiner Kindheit in vielen Bereichen gewandelt, ganz besonders technisch und medizinisch. Zwischenmenschlich und gesell-schaftlich erscheint mir jedoch heute manches noch so wie damals, als ich am 9. Januar 1952 nicht nur mitten hinein in das zerbombte Deutschland geboren wurde, sondern auch in die dörfliche, religiös geprägte Gesellschaft des Markgräflerlands, wo nicht nur der Wald schwarz und düster war.
Mein Geburtsort Auggen liegt im Markgräflerland am Rande des Schwarz-walds. Die Region grenzt im Westen an Frankreich und im Süden an die Schweiz. Doch Kontakte zu den Nachbarn gab es kaum und bis heute hat sich kein französischer oder Schweizer Lebensstil über die Grenzen
eingeschlichen. Man blieb und bleibt lieber unter sich. In Auggen, Mühlheim, Schliengen oder später auch im Münstertal wurden selbst Leute aus den naheliegenden Städten Lörrach, Weil am Rhein oder aus dem Breisgau als zugereiste Fremde argwöhnisch betrachtet. Selbst die Höhenunterschiede machen aus Einheimischen kurzerhand „die von oben“ oder umgekehrt „welche von unten.“ Eine goldene Mitte ist schwer zu bestimmen. Die Abgeschiedenheit meiner Heimat ohne nennenswerte Industrie trug dazu bei, dass die Region nicht im Bombenhagel des Weltkriegs verdampfte, wie so viele andere Städte und Gebiete. Hitler hatte zwar auch im Hochschwarzwald eine Basis, die „Tannenberg“ hieß, doch glücklicherweise kam er nur einmal zur Einweihung im Jahr 1940. ... >
Auszüge aus Romanen:
Kriminalroman, geschrieben aus Sicht des Täters:
"ALEX, Blutige Spiele":
Prolog. Guten Tag. Mein Name ist Alex. Alexander Schmied (nicht Schmidt!) und ich bin Handelsvertreter für Spielzeug. Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft mit einer charmanten Wesensart sind meine Natur. Einerseits. Andererseits gab es auch 21 Menschen, die mich nach dem Kennenlernen nicht mehr mochten. Sie können es aber niemandem erzählen. Sie sind alle gestorben, wobei ich ihnen leidenschaftlich mit sorgfältiger Akribie half. Denn das Mordhandwerk ist mein Hobby. Und ich bin gut in diesem Fach, eigentlich sogar qualifizierter als in meinem Job. Das eine ist mein Beruf, das andere meine Berufung. Ich schaffe perfekte Leiden und ich tue es aus eigener großer Lust heraus, ja, ich muss es einfach tun, das nennt sich wohl Leidenschaft. Jetzt wissen Sie also, was dieser Begriff tatsächlich bedeutet. Wenn wir uns einmal begegnen, ist es sehr gut möglich, dass Sie mein Können auf diesem Gebiet kennenlernen und wir gemeinsam ein beachtlich lustvolles Spiel zusammen spielen. Wenn Sie sich mir hingeben, denn das eine Voraussetzung für solch intimes Vertrauen.
1. Es ist schon eine Krux mit der Langeweile während meiner Touren als Vertreter. Das ist nicht besser geworden in den vergangenen Jahrzehnten. Eines ist heute jedoch angenehmer als früher: Aus den ehemals fast immer großen Artikeln sind heute meistens Kleine und leichter geworden. Oft elektronisches, ziemlich cleveres Spielzeug, manche sammeln sogar Daten über den Spielkameraden, damit die Eltern erfahren, wie es dem Kleinen oder der Kleinen tagsüber ergangen ist. Die Ritterburg hat nahezu ausgedient und wurde durch viel echter wirkende digitale Games abgelöst. Puppen sind auch nicht mehr in, wobei Barbie immer noch der Renner ist. Leider haben wir die Barbie-Ausstattung nicht im Programm. Der Teddybär stirbt jedoch ebenfalls nicht aus, doch Schaukelpferde stehen heute nur noch als Dekorationsmittel in Wohnungen, die auf "alt und gemütlich" getrimmt wurden. Kinder kann man damit nicht mehr begeistern, schon gar nicht, wenn sie grad ein bisschen virtuell an der Playstation rumgeballert oder mit Nintendo todesmutige Rennen hinter sich gebracht haben. Sie ahnen es sicherlich: ich spiele lieber und mit der Realität.
Manchmal schließe ich Spielfreundschaften über einen längeren Zeitraum, sehr gerne mit Fans virtuell spannender Spiele. Es gibt kaum etwas Schöneres, als Menschen jeden Alters zu zeigen, wie aufregend und spannend das echte Leben sein kann. Solange die Jahre noch vor einem liegen, sollte man es mit großer Offenheit für neue Erfahrungen und für Empfindungen in allen Zügen genießen. Ich tue das jedenfalls und wenn ich spiele, bemühe ich mich immer, auch wirklich Zeit für das Spiel zu haben. Ich vergnüge mich sehr gerne mit großen Jungs, die schon was erlebt haben und glauben, sie wüssten bereits so viel über die Welt. Klar, mit Frauen spiele ich auch gerne, doch Männer sind als Spielkameraden überraschender. Kinder lade ich selten zum Spielen ein, doch es ist auch schon vorgekommen.
Derzeit wartet ein Spielkamerad im Keller meines momentan gemieteten Ferienhauses auf mich, der mir sehr gut gefällt. Phillip Sommer heißt der nette Mann, den ich im angrenzenden Park kennengelernt habe. Er ist geschieden, 42 Jahre alt und seine 2 Söhne im Alter von zwölf und siebzehn trifft er nur noch zu Feierlichkeiten und manchmal in den Schulferien. Phillip ist für eine Versicherungsgesellschaft tätig und klagte mir sein privates Leid. Es ist auch erkennbar, dass er meine unaufdringliche Ausstrahlung mag. Sein momentanes Leiden ist verglichen mit dem, was mir vorschwebt, und was noch auf ihn zukommt, wenig erwähnenswert. Auf eine komplizierte, für Außenstehende aber nachvollziehbare Weise kamen wir auf ein Glas Wein zusammen. Vielleicht wollte er sich wirklich nur mal aussprechen oder er hoffte auf einen neuen Freund. Wie auch immer, er wird es noch herausfinden, denn er ist noch hier. Doch dazu komme ich noch.
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FANTASY SAGA: I / "Das magische Bild":
Schwarz wie die Nacht glitt der unheimliche Nebel durch die letzten Baum-reihen vor dem Tal, wo er kurz verharrte. Vom Licht der Sterne sanft erhellt, lag die Flusslandschaft Danware vor ihm, die Heimat einer bemerkenswerten Lebensform. Geradwegs über die Wiese hinein in das sanft beleuchtete Tal wollte der wabernde Schatten eigentlich nicht, doch nun wurden überall kleine Lampen entzündet, die in ihrer Anzahl stetig steigend den Wald warnend spärlich erhellten. Erst waren es nur wenige Mooslampen, aber einige
Augen-blicke später schimmerten mehr als hundert Lichter zwischen den Bäumen. Nicht entdeckt zu werden war das oberste Gebot des mörderischen Nebels mit einem teuflischen Auftrag. Eben noch als Silhouette erkennbar, verflüchtigte sich der Körper und glitt als schwarzer Schleier über den Boden zum Fluss, der bis ins Hügelland mit seinen zahlreichen Behausungen floss. Erhoben auf einem Hügel lag das Schloss Echagon, dessen Bauweise einer Burg ähnelte. König Aerondil Aandur spürte die Gefahr im Schlaf und war sofort hellwach.
„Was ist da im Gange?", grollte er und griff gleichzeitig zu seiner Kleidung und einem kleinen Glöckchen, das er kurz in der Hand bewegte. Ein Klingeln oder Läuten war nicht zu hören. Trotzdem zeigte es Wirkung.
„Auf die Positionen!" Sulen Storms sonore Stimme hallte durch die Gänge des Südturms mit der Nachtbereitschaft. Der stattlich gebaute Kommandant schlief anscheinend in seiner Uniform, die er nur noch mit dem Brustpanzer und einem spitz zulaufenden Helm ergänzte, bevor er durch die Gänge rannte und Alarm auslöste.
„Licht, macht Licht! Wir zeigen Wachsamkeit! Schützt den König, bewacht die Eingänge, hurtig, hurtig, seid auf alles gefasst!", mahnte der oberste Wächter des Schlosses seine Truppen. Sein Ton passte zu seinem Auftreten. Sulen Storm widersprach man besser nicht und noch nie, so sagt man, hatte er einen Kampf Mann gegen Mann verloren. Doch gegen höllische Magie war er
machtlos. Zwölf mit Speeren und Schwertern Bewaffnete eilten auf ihre Positionen, ein weiterer Trupp sicherte das Tor, während auf den Türmen Fackeln ent-zündet wurden. Eine Gefahr entdeckten die Wachsoldaten nicht. Zumal sie nicht wussten, wonach sie Ausschau halten mussten. Das mörderische Geschöpf der Nacht bewegte sich ohnehin weit vom Schloss entfernt und waberte dicht über den Boden zur Biegung des Flusses.
Drei Augenpaare beobachteten den unheimlichen Nebel über der Wiese.
„Ein Todesschleier“, flüsterte Fendrik vom Wachtrupp der Damastener unter seiner erdfarbenen Mütze.
„Was können wir tun?" Er starrte dem Nebel so ratlos, wie enttäuscht hinterher. Gegen tödliche Schleiergespenster war das auf Lauer liegende Trio machtlos. Man kann keine Messer oder Pfeile in einen körperlosen Nebel jagen. Das Zeugs war zudem giftig und Berührungen führten zwangsläufig in den qualvollen Tod. Wortlos blickten die Wächter ins Tal. Ohne vorherige Anzeichen ergoss sich plötzlich wie aus dem Nichts kommend ein dichter Wasserschwall über den schwebenden Nebel. Mit einem zischenden Geräusch war der Spuck vorbei. Das Wasser löste den schwarzen Dunst wie Säure auf. Selbst die drei Damastener erschraken, bevor sie entspannt schmunzelten.
„Auf das Thalassi-Volk ist Verlass, nicht wahr?", freute sich Takrok.
„Sie sind aber nur noch zu dritt. Die Letzten ihrer Art und wer weiß was noch geschehen kann. Die Gefahr ist nur für heute gebannt. Wir müssen das Leck im Schutzwall endlich finden. So darf das nicht weitergehen. Ich unterrichte den König, es muss doch irgendwo alte Aufzeichnungen geben. Und eine Waffe gegen diese, ... diese scheußlichen, was auch immer das ist. Sobald es hell wird, senden wir dem König eine Botschaft“ entschied ihr Anführer.
Fendrik nickte und beschäftigte sich mit seinen Gedanken. Er ahnte, dass Schlimmeres passieren wird und riss sich schwitzend die Kopfbedeckung herunter. Seine langen blauen Haare federten hervor und seine kleinen Ohren schimmerten violett.
Weit entfernt am anderen Ende des Reichs wusste man sehr wohl was Todesschleier sind. Denn von dort, wo Eiseskälte die Region fest umklammerte, wurde das tödliche Hexenwerk entsandt. Entsprechend groß war die Wut der Herrscherin des abtrünnigen Reichs, die durch die Augen eines Uhus die Geschicke des tödlichen Schleiergeistes beobachtete.
„Die verfluchten Thalassi! Wir werden das Wasser vergiften, die letzten ihrer Art vernichten, das Volk zu unserem machen, es wird uns gelingen!", tobte sie und jagte Blitze in den tiefschwarzen Nachthimmel, wo sie grell über einem unheilvollen Gemäuer zuckten. Der vereiste Boden glitzerte unter dem gleißenden Blitzlicht. Gewaltig große Krieger mit Geweihen an ihren Helmen warfen gruselige Schatten an die Felshänge. Das Donnern hallte mehrfach vom Gebirge reflektiert durch das karge Land. Markerschütternd folgte ein Chor mit gutturalem Knurren aus den Höhlen der Berge, obwohl es kaum denkbar erschien, dass hier überhaupt Leben möglich war. Diese Region war ganz anders als die, welche der Todesnebel erfolglos heimsuchte. Wütend und voller düsterer Gedanken marschierte Marganda in die steinerne Festung. Einen Todesschleier zu entwickeln, erforderte viel Zeit und spezielle magische Kräfte mit allerlei Zutaten, die sie nicht komplett vorrätig hatte und andererseits gab es momentan wichtigeres zu tun. Verärgert griff sie zu alten Aufzeichnungen.
Auszug aus Kapitel 2:
„Was wäre, wenn meine Träume gar keine Träume sind?", sinnierte sie. Dabei versuchte sie sich an Einzelheiten zu erinnern. Auf den Traum konzentriert, widmete sie sich wieder der Staffelei und veränderte die Struktur des begonnenen Bildes. Der Tag ging schon auf Mittag zu, als sie beim düstersten Kapitel des Traums ankam, wobei sie den jungen Krieger mit seinen blauen Haaren zuvor nur skizzierte.
„Du kommst später dran", flüsterte sie und unterlegte den Hintergrund des farbenfrohen Bildes mit matt schimmernder, dunkelblauer Farbe. Als sie den Pinsel an dem urigen Typ ansetzte und nach den runden Ohren seine lila wirkenden Augen malte, erklang eine Stimme in ihrem Kopf, oder sprach die Leinwand zu ihr? Die Worte klangen entfernt und waren dennoch verständlich:
„Komm nicht näher, das ist gefährlich!" Sekundenlang verharrte Manou mit ihren Strichen. „Was?" Irritiert starrte sie auf die Leinwand und lauschte wie ein Wolf auf der Jagd.
„Lodi!", rief sie sich selbst. „Reiß dich zusammen. Fantasie ist das eine, fremde Stimmen hören führt schnurstracks in die Klappsmühle, nein!"
Automatisch ging sie mit ihrem Gesicht noch näher an die Staffelei, ob sie nicht doch irgendwas hören oder sehen könnte. Manou bemerkte nicht, wie ihr Körper transparent wurde. Aus der Entfernung betrachtet erschien sie wie ein flimmernder Umriss einer Fata Morgana. Niemand hätte geglaubt, was zu sehen war, und dennoch passierte es. Die Malerin setzte den Pinsel an und ignorierte ihre plötzlich aufkommende Angst, für die es keine logische Erklärung gab. Ihr Werk zog sie magnetisch an, während sie immer schläfriger wurde.
„Ich bin müde", flüsterte sie und versuchte die Augen aufzuhalten. Es schien, als würden sich die Skizzen und ausgemalten Motive in ihrem Bild bewegen. Das war das Letzte, was Manou bemerkte, bevor sie mit dem Bild verschmolz. Es sog sie förmlich hinein. Nur der heruntergefallene Pinsel und ein blauer Klecks auf dem Fußboden erinnerten daran, dass sie hier eben noch an ihrem Bild malte.
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FANTASY, Halvar Tjaard Valdis - Weltenschützer-Saga:
In den tiefgrauen Nebelschwaden des großen Sees zeichnete sich ein Schemen ab, der zunächst nur wie ein waberndes Dunkel im flimmernden Grau erscheint. In der zähen Langsamkeit des ersten sanften Tageslichts wird der Schemen erkennbar zu einem Kanu, das sich lautlos dem Ufer nähert. Der einsame Wasserwanderer im Morgengrauen ist niemand Geringeres als Halvar Tjaard Valdis. Schon seit Anbeginn der Zeit, so sagt man, wandert er mit vielen verschiedenen Namen über die Erde und niemand weiß, woher er kam und wohin ihn seine Reise führt. Doch er hat immer ein Ziel.
“Wir sind da”, stellte der im Boot kniende Mann in seiner schwarzen Hirschlederjacke fest. Sanft berührt seine große, kräftige Hand den Bootsrand.
"Thegran Astrithr, ich danke dir für deine Treue", flüsterte er seinem Kanu zu und sein Kopf deutet ein Nicken an.
"Nun werden wir sehen, was uns hier erwartet".
Mit einem Sprung erreicht die schlanke, große Gestalt das Ufer. Während seine Hand über den Schwertgriff streicht und gleich darauf seine legendäre Flöte in der verschlossenen Jackentasche über seinem Herzen ertastet, erkundeten seine Augen und sein Geist was vor ihm lag. Er bemerkte, alles, was der Wald am Ufer zu verbergen versuchte. Mit der Linken rückte er seinen breitkrempigen und schwarzen Hut auf seinen schulterlangen schwarzen Haaren zurecht. Drei Federn eines heute unbekannten Vogels zierten den auffälligen Hut, der zweifelsohne schon sehr viele Jahre diesen Kopf schmückt. Auffällig sind die zierlichen roten Streifen, die sich mittig durch die schwarz-grauen Federn von unten nach oben ziehen. Wer den Vogel mit diesen Federn kennt weiß genau: diese roten Streifen signalisieren tödliche Gefahr. So, wie das zunächst unscheinbar wirkende Griffstück des
außergewöhnlichen Schwertes, dass in einer Bullenlederscheide mit zwei Gurten am Rücken des großen Mannes befestigt war. Der Griff ist perfekt für die linke genauso, wie für die rechte Hand seines Trägers aus dem Beinknochen eines seit Jahrtausenden von der Erde verschwundenen Tieres geformt. Kleine, geschnitzte Zeichen informieren darüber, welchen Furcht einflößenden Namen das tödliche Kunstwerk trägt und für wen die Waffe bestimmt ist. Weiter würde man erfahren, dass damit überall dort das Recht der Menschlichkeit einzieht, wo ihm großes Unrecht begegnet. Doch kaum jemand konnte diese Zeichen noch deuten. Aber die düstere, uralte Gestalt an diesen Gestaden wusste es sehr wohl, denn sie gehörten auf ewig durch einen Schwur verbunden zusammen. Wobei der Mann seinen scharfen, aus einem schwarzen Material geschmiedeten Eidgenossen nur selten benutzte. Ihm standen weit mehr magische Waffen zur Verfügung. Wohl dem, der das nicht herausfinden möchte.
Halvar Tjaard Valdis ziog seine buschigen Augenbraunen nach oben, roch die Luft des Waldes und seine wasserblauen Augen vermittelten eine erstaunlich dynamische Jugend. Sie konnten weitaus schärfer sehen, als es Menschen sonst gegönnt war. Sein Gesicht indes war von den Jahrhunderten der Sorge und des Kampfes mit Falten und Narben gezeichnet, wobei sein dichter Bart zusammen mit dem Hut keinen vollständigen Eindruck zuließ. Längst hatte der Wasserwanderer Witterung aufgenommen und seine Augen durchdrangen konzentriert den Wald, Baum für Baum, bis zur Felsenwand mit den Höhlen und dem Platz davor, der von großen Steinen umrahmt war. Auf einem kleinen Plateau waren weithin sichtbar schwere Speere aufgestellt, auf deren Spitzen Schädel aufgespießt wurden. Einige wurden zuvor ausgekocht, so dass nur noch der blanke Totenkopf zu sehen ist, andere vermoderten vor sich hin. Die grausam makabre Show schreckte Halvar Tjaard Valdis nicht. "Arme Teufel", brummte er und seine linke Hand rückte den Schwertknauf in eine gute Position. Er richtete einen Gedanken an die tödliche Waffe:
"Grim Konungr Brandar , heute werde ich dich vielleicht brauchen".
Ein zartes Vibrieren summte durch das unzerstörbare Material aus uralten, längst vergangenen magischen Zeiten und auch die ebenso alte Knochenflöte antwortete mit einem leisen Klang. Das summende Vibrieren und der sanften Töne trafen und vereinen sich über seinem Herzen. Halvar Tjaard Valdis machte den ersten Schritt, heute achtete er nicht darauf, keine Spuren zu hinterlassen. Er wusste, dass sie wissen, dass jemand kommt. Ein angedeutetes Lächeln spielte mit dem Gedanken, dass sie alle aber nicht wirklich wussten, wer zu ihnen kam. Am Waldrand griff er zu seiner zierlichen Knochenflöte mit 6 Löchern und drei Röhren. Er spielte eine seltsame Melodie und schritt besonnen, aber zielstrebig durch den Weiden- und Buchenwald. Seine linke Hand blieb griffbereit für Grim Konungr Brandar, mit der Rechten bewegte er die Flöte an seinem Mund. Die Töne klangen ähnlich die einer Panflöte, und doch ganz anders. Zwei verwilderte Krieger der Garanok-Sippe erstarrten plötzlich vor Schmerz in ihren Verstecken in den Bäumen, ihre Speere fielen gefahrlos zu Boden. Unweit vom Geschehen witterte eine Königsanakonda aus dem angrenzenden Sumpfgebiet ihre Chance und schlängelte sich geräuschlos zu ihrer Beute. Auf sie übten die Töne der Flöte keinen Einfluss aus. Halvar Tjaard Valdis spielte die schmeichelnde Melodie weiter, denn die beiden Uferwächter waren nicht allein. Schon einige Schritte weiter lichtete sich das Baumdickicht und das Bergmassiv mit den Höhlen der Garanoks wurde sichtbar. Einen kleiner Moment des Zögerns für einen Überblick, dann marschierte er für alle sichtbar voran.
Essays und Artikel:
Hommage an Derrick: "Die Frau in Weiß, das Geheimnis seiner schwarzen Tasche
und ein Selbstmord aus Liebeskummer", (Februar 1998)
Für Millionen Fans wird Oberinspektor DERRICK in die EUROPOL-Zentrale nach Brüssel versetzt, doch in Wirklichkeit geht Deutschlands berühmtester Polizist in Rente. Seit 1974 hat der heute 74jährige in 281 Krimifolgen dem hoch gewachsenen Oberinspektor in rund 16 Drehtagen seinen nachhaltig wirkenden Charakter verliehen. Derrick wurde in in 220 Länder verkauft. Zeit für eine Pause, für Rückbesinnung und für neue Pläne, aber auch die richtige Zeit, um kleine und große Geheimnisse des Privatmannes Horst Tappert zu lüften.
Der Mann, der Derrick war (Febr. 1998)
Von Andreas Vones
Eine milde Januarsonne strahlt über der Cote d`Azur, dort, wo sie am
prominentesten ist: Saint Tropez, das Luxusbad der Reichen und Mondänen genießt das 12 Grad warm milde Frühlingsklima. Die Hände tief in den Taschen seiner rotbraunen Anzughose vergraben "tappert" der wohl populärste Fernsehkriminalist der Welt nachdenklich und einsam durch den feinen Sand des Mittelmeerstrandes. Leicht gebeugt und müde wirkend, scheint nur der Blick des charismatischen 74jährigen dem Alter zu trotzen.
Ehefrau Ursula indes schaut dem Mann, der Derrick war, nachdenklich an der Uferpromenade sitzend hinterher. Mehr zu sich selbst, als zum Zuhörer gewandt, bemerkt sie leise: "In letzter Zeit ist er manchmal richtig seltsam". Ist der Mann am Strand Derrick oder Horst Tappert?
"Ich habe Derrick geprägt, ihn gelenkt und geführt, ich habe ihm meine Seele geliehen“, erklärt der große Star. "Doch im Laufe der letzten Jahre bin ich mehr und mehr psychologisch ermüdet. Es wurde Zeit, Schluss zu machen, das wollte ich eigentlich schon vor ein paar Jahren. Nur dem Team und dem Produzenten Ringelmann zuliebe habe ich noch weitergemacht. Immerhin ist Derrick die deutsche Erfolgsserie schlechthin und das sensationelle Lebenswerk von Helmut Ringelmann, das konnte ich doch nicht so einfach zerstören, oder?" Sein Blick, seine Stimme und seine Haltung lassen keinen Zweifel: hier sucht Derrick nach Antworten.
Seit 1974 recherchiert Horst Tappert als Polizist mit den leisen Tönen die Motivation seiner Serienmörder. Stets im Anzug, drehbuchgerecht einsam und ohne Gemütsregungen offenbart Oberinspektor Derrick die Hintergründe seiner aufzuklärenden Morde. Schnell wurde Derrick auch außerhalb seines Fankreises zu einer Institution und noch zu Laufzeiten der Serie zu einer Kultfigur der neuen Fernsehepoche. Derrick wurde zur einzigen Ausnahme, an dessen Ausstrahlungstag selbst Fußballübertragungen nicht überzogen werden durften. Produzent Helmut Ringelmann, Stammautor Herbert Reinecker und Derrick-Mime Horst Tappert schrieben Filmgeschichte. Öffentlich wurde das Fernsehprivatleben des Inspektors diskutiert, Bonner Stadtinspektoren gar gründeten, von Münchener Kripobeamten unterstützt, "Die Initiative zur Beförderung Derricks", dessen Meinung für nahezu alle Probleme des täglichen Lebens plötzlich wichtig wurde. Soviel Ruhm und Verantwortung muss einen Menschen prägen und verändern: Ohne Zweifel hat sich der Schauspieler längst voll und ganz mit der Rolle identifiziert. Auch privat wurde Horst Tappert mehr und mehr zu Derrick. So mochte sich der "Major" (Die Gentlemen bitten zur Kasse, 1966) zwar von seinem Toupet, aber selbst im Urlaub nicht von seinen Anzügen trennen. Kommentar: "Man erwartet das von Derrick."
Erst eindringliches Zureden seiner Frau Ursula lässt ihn salopp in einer zugeknöpften Strickjacke zum Fototermin erscheinen. Ebenso zugeknöpft bleibt der beliebte Schauspieler bei Fragen, die sein Privatleben betreffen. Drei Tage Gemeinsamkeit mit dem Star wurden zum überraschenden Wechselbad der Eindrücke und Erlebnisse. Mindestens drei Stunden vor seinem ersten Tagesauftritt in die Öffentlichkeit, und sei es nur im Rahmen des kleinen idyllischen Hotels "Mas de Chastelas" am Rande von Saint Tropez, braucht der hochgewachsene Sohn eines deutschen Postbeamten sein Frühstück im separaten Zimmer mit mindestens zwei Kannen Kaffee. Und schon hier muss für den Perfektionist alles stimmen: ein vergessenes Messer oder das ebenfalls mal versehentlich vergessene Kännchen Milch lässt ihn bedeutungsvoll anweisen:
"Bitte teilen Sie dem Hotelpersonal mit, dass ich zivilisiert genug bin, um mit einem Aufstrichmesser umzugehen." Eine kleine Erinnerung oder das Herbeirufen des Zimmerservice kommt dem Star gar nicht in den Sinn. Derart grobe Fehler sind unverzeihliche menschliche Schwächen.
Folglich wird scriptartig das Frühstücksrepertoire schriftlich fixiert für die zukünftigen Tage geordert. Auch mit den kleinen Errungenschaften der menschlichen Zivilisation mag sich der berühmteste deutsche Fernsehpolizist nicht auseinandersetzen, auch nicht, wenn es sich um die Heizung seines Zimmers handelt. Am ersten Tag war es viel zu kalt und der siebenstufige Regler musste vom Hotelpersonal bedient werden. Am zweiten Tag jedoch war es dann viel zu warm, - die goldene Mitte ist eben schwer zu finden, nicht nur bei der Heizung. Um "die Mitte" drückt sich Horst Tappert gekonnt, seine Auftritte sind auch privat dramaturgisch eindrucksvoll in Szene gesetzt. Ganz die männliche Diva zieht der gelernte In- und Exportkaufmann die Aufmerk-samkeit auf sich. Weh dem, der den König des deutschen Filmexports nicht erkennt. Und doch blitzt im Wechselbad der gefühlvollen Auftritte auch immer wieder der sensible Mensch Horst Tappert durch. Charmant ist ihm dann der Schalk ins Gesicht geschrieben, Natürlichkeit strahlt dem Gesprächspartner entgegen und es plaudert sich plötzlich unterhaltsam und nett mit dem Mann, der Derrick war. Doch sobald sich das Gespräch in eine berufliche Richtung wendet, spricht man nur noch mit dem Star Stephan Derrick. Und der duldet kaum andere Stars im gleichen Atemzug. Berühmten Theaterschauspieler - meist längst Verstorbene - kann Derrick nicht loben. Auch einen Heinz Rühmann oder Gerd Fröbe oder dem großartigen Curd Jürgens bescheinigt er keine schauspielerischen Glanzleistungen. Bei Erik Ode und Siegfried Lowitz wird die Kritik zwar verhaltener, doch es ist klar: Es kann nur (den) "Einen" geben. Und der war immer grandios. Doch die alten Theaterzeiten an der Seite von Siegfried Lowitz lenken den "Grand Seigneur" des Krimi-Genres wieder zum Plauderton. Mit Lowitz hat Tappert jede Menge erlebt und diese alten Zeiten sind immer gut für eine witzige Anekdote. Dem Fluss der Erzählungen ist dann kein Mittel entgegenzusetzen. Höchstens durch einen Autogrammwunsch oder das spontane Erscheinen eines Pressefotografen der regionalen Tageszeitung. Könige wollen hofiert werden. Die Gunst der Stunde nutzend folgt die Frage nach seinen Kindern.
"Ich habe das erste Mal mit 18 Jahren geheiratet", erklärt Tappert, "da war ich doch noch viel zu jung und ich habe die Heirat einfach nur pflichtbewusst für anständig gehalten. Das passierte mir zweimal und die Last der Alimente habe ich in die wunderbare Ehe mit Ursula geschleppt. Der Kontakt zu meinen Kindern ist nicht familiär tief verbunden, irgendwie waren es ja auch ungeplante Unfälle. Doch meine Tochter Karin macht mir sehr viel Freude, kaum
menschliche Probleme und beruflich macht sie eine große kaufmännische Karriere. Gary ist mal abgerutscht und unselbständig. Er ist nicht konstant und wird mir wohl immer Sorgen bereiten. Er will die Vorteile des Namens vom Vater, aber nicht die Prominenz. Da habe ich mal, auch in einem Interview, gesagt: Leg doch den Namen ab! "
Die negativen Konsequenzen hat der Vater auch schon durchlebt. So schrieb ihm eine junge Südtirolerin innige Liebesbriefe. Sie heiratete sogar einen Mann, der Derrick ähnlich sah und erwartete ein Kind. Diese Ehe, so schilderte die eindrucksvoll schöne Italienerin ihren geliebten Derrick, war so wenig glücklich, wie ihre Sehnsucht nach dem Idol wuchs. Auch drohte sie damit sich etwas anzutun, wenn ihre Liebe unerwidert bliebe. In einem Abschiedsbrief mit einer Tonbandkassette beichtete sie nochmals ihre Liebe und setzte anschließend - wie angekündigt - ihrem Leben ein Ende.
"Ein tragischer Selbstmord, aber es war von mir nicht zu verhindern. Die vielen Bittbriefe, Liebesbeteuerungen und Lebensbeichten darf man einfach nicht zu dicht an sich heranlassen", analysiert Derrick. "Es war schlimm für mich", erzählt Horst Tappert. "Ich habe mich plötzlich von einer ungeheuren Verantwortung fast erdrückt gefühlt und mich allen Ernstes gefragt: Kann ich den Beruf weiterhin ausüben und diese fürchterliche Verantwortung tragen?" Weniger tragisch, aber mysteriös, war das Werben der Frau in Weiß. Ebenfalls eine Italienerin sandte sie ihm intime Liebesbriefe und verehrerische Geschenke. Auch schlich sie tagelang in schlohweißen Gewändern um die Villa des Stars in München. Sie schreckte nicht davor zurück, an der Haustür zu klingeln. Ein Blick durchs Schlüsselloch ließ Tappert jedoch erschauern: die Frau in Weiß lag anscheinend bewusstlos am Boden. Hilfsbereit wollte der Wahlmünchener der Frau zu Hilfe eilen. Doch seine pragmatisch denkende Ehefrau Ursula warnte: "Bist Du närrisch? Du weißt doch gar nicht was passiert, wenn Du die Tür öffnest und ihr gegenüberstehst. Vielleicht ist die Frau gar nicht alleine!" Derrick wurde klar, seine Frau hat Recht. Das Schauspieler-Ehepaar alarmierte die Polizei. Und tatsächlich: die Bewusstlosigkeit war nur vorgetäuscht um nahe an den Star zu kommen. Die Polizei fand wenig später heraus, dass die Frau in Weiß einer einflussreich adligen Familie in Italien entstammt und mit einem Baron verheiratet ist. Kaum nirgendwo wird Derrick so verehrt, wie in Italien. Fast wie eine Lebensbeichte klingen Derricks Erzählungen. Das Wechselbad der Eindrücke wird komplett, als Horst Tappert plötzlich mit Schwindel und Schweißausbrüchen kämpft. Ein Anblick, der Bestürzung und große Sorge hervorruft. Nur mühsam und gänzlich abwesend öffnet Tappert seine schwarze Ledertasche, die er jeden Tag bei sich trägt. Ein kleines Zuckerstück verschwindet in seinem Mund. Derrick hat sich übernommen.
"Seit sieben Jahren leidet Horst an schweren Alterszucker", erklärt seine Frau mit sorgenvoller Miene. "Und nicht immer lebt er so, wie die Krankheit es erfordert."Mehrmals und vor jeder kleinen Mahlzeit muss der Erkrankte sich Insulin spritzen und rund 30 Minuten später etwas essen. In den nächsten Minuten ist Horst Tappert nicht ansprechbar, sein Zustand bessert sich erst nach rund 20 Minuten und weiteren Medikamenten.
"Die Krankheit erhält einen Stellenwert, der ihr gar nicht zusteht. Ich kann doch nicht nach dem Fahrplan dieser Krankheit leben", lauten seine ersten Worte nach dem Anfall. Die Verbitterung ist nicht zu überhören, Derrick raucht auch privat nicht, trinkt keinen Alkohol und isst besonnen. Und doch hat ihn eine Krankheit schwer erwischt und beraubt ihn einer großen Portion Lebensfreude. Autogrammwünsche einiger Restaurantbesucher sind nun völlig fehl am Platz und ein leises, erschöpftes Fluchen kann der Star nicht unterdrücken. Doch seinen Fans gegenüber ist und bleibt Derrick pflichtbewusst. Seine "Notfall-Tasche" ist angefüllt mit allen Ausweispapieren, Insulin, Spritzen, Heftpflaster, Watte und blutstillenden Präparaten sowie mit diversen Geldbörsen und verschiedenen Währungen. Sicher ist sicher.
Die Sonnenküste Frankreichs lädt zum Bummeln ein. Und am nächsten Tag scheint es, als habe die Last, aus der Endlos-Rolle geschlüpft zu sein, Horst Tappert auch innerlich befreit. Zum Spaziergang lüftete der Dauer-Oberinspektor nicht nur sein Toupet, sondern auch ein paar weitere Geheimnisse. Mit der ihm eigenen Versonnenheit spaziert der Schauspieler auf der Uferpromenade in Saint Maxims. Wie war das denn nun mit seinem Dauerkollegen Harry Klein alias Fritz Wepper?
"Streit gab es nicht“, erklärt der vorgesetzte Oberinspektor. "Wir sind aber auch nicht befreundet. Ich habe mich höchstens darüber geärgert, weil Fritz nicht der Pünkt-lichste bei Dreharbeiten war. Aber so richtig geärgert habe ich mich über ihn, weil er bei den letzten drei Derrick-Folgen dann immer pünktlich war", stichelt Derrick mit einem Lächeln und ohne Dienst-Toupet. Mit Wehmut in der Stimme erzählt er von dem Anruf des Derrick-Produzenten Ringelmann im letzten Dezember. "Er war wirklich traurig und wollte wissen, wie es mir denn geht. Doch Trauer verbinde ich mit dem Drehschluss zu Derrick nicht. Ich bin nicht melancholisch oder sentimental. Wenn Schluss ist, ist Schluss und dann kommt eben was Neues." Über die neuen Vorhaben kann und darf Horst Tappert noch nicht reden. Er lässt nur so viel durchblicken, wie sein neuer Vertrag es erlaubt. Für eine große Auslandsproduktion wird Tappert in Kürze nach Thailand reisen, er ist der einzige deutsche Schauspieler eines großen Films, dessen Inhalt noch vom Mäntelchen des geheimnisvollen Schweigens eingehüllt wird.
"Derrick zu stoppen war wirklich notwendig“, erklärt er. "Die Geschichten und Bücher wurden immer schlechter. Seit vielen Jahren hatte ich Identifikations-probleme mit dem Derrick von Herbert Reinecker (Drehbuchautor), doch auch schlechte Geschichten konnte ich mit charakterlichem Engagement retten. Die Figur Derrick entwickelte sich eher zurück als weiter. Mir ist einfach die Lust vergangen." Auch kaufmännisch ist das verständlich, denn Horst Tappert ist an den Verkäufen der Serie in 102 Ländern dieser Welt nicht beteiligt. Das große Geld verdienen andere.
Derrick dreht nicht mehr. Aber noch dreht sich alles um Horst Tappert (1998). Auch hier an der Cote d`Azur wird der TV-Fahnder auf der Straße erkannt und um Autogramme gebeten, Fans, Hände schütteln, Öffentlichkeit, Anerkennung und Aufmerksamkeit von allen Seiten, das war Derricks Lebenselixier.
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Frivol, erotisch: "Give me Pink!" (Gemeint ist ein Bikini)
Mein zufälliger Blick in das schmalste Badezimmer der Region wird sofort von einem pinkfarbenen kleinen Nichts aus Stoff in den Bann gezogen. Und man hört es deutlich, das pinkfarbene Höschen weint. „Sie hat mich vergessen“, schluchzt Pink. Aber was ist das, da! Ja doch, ich hab’s genau gesehen: "Pink" hat mir zugeblinzelt, keine Frage. Schelmisch, neckend, ganz schnell, ja doch, ich hab es genau gesehen. Oder doch nicht? Kann ein Bikini blinzeln? Schelmisch sein? Traurig? Verträumt? Erotisch und sexy? Unverschämt? Kann ein Bikini weinen? Oder laut lachen? Kann ein Bikini die Sonne aufgehen lassen? Das kann Pink nicht alleine, da bin ich mir sicher und doch stehe ich im Türrahmen des kleinsten Badezimmers der Stadt und schiele auf den Bikini, auf dieses leuchtend frohe Pink und ich tue so, als ob ich gar nicht hinsehe, weil… vielleicht macht Pink es ja wieder, also das Blinzeln meine ich. Vielleicht, wenn er glaubt, ich schaue gar nicht genau hin.
Doch das Höschen und die zauberhaften Körbchen bleiben still und stumm, aber nicht unbeweglich. Langsam nimmt der Bikini seine ihm zugedachte Form an, die Körbchen umhüllen die sehenswerten, ach so femininen festen Run-dungen. Das Höschen schmiegt sich wie eine zweite Haut an die spannendste Körperregion. Man(n) erahnt sofort, dass dort, genau dort, ein zierliches und doch ganz großes Glück verborgen wird. Voller Magie und Lebenslust, ich kann es spüren, sehen und riechen. Sanft streicheln meine Finger vorsichtig die Spuren im Stoff der zauberhaften Verheißung. Behutsam, ich will den Zauber nicht zerstören, die Illusion soll erhalten bleiben. Pink seufzt erleichtert auf, oder ist es eher ein erwartungsvolles Seufzen? Ein Ruf nach mehr? Noch schlagen die Wellen gleichmäßig und ruhig an den weißen Strand, der wie in einer Kitschpostkarte menschenleer und romantisch an einem tiefblauen unergründlichen Meer ruht. Nun reckt sich Pink dem Meer entgegen, das in meinem Rücken rauscht. Pink zeigt mir die andere Seite der so heiß begehrten, ganz leicht oval geformten Falten im zartweichen Stoff. Diese andere Seite weckt fraglos meine tierischen Instinkte. Uralt und mit ungezähmter Kraft will dieser Instinkt seine Macht ausspielen. Nur sehr schwer kann ich diesen Zwang bändigen, zumal die herausgestreckten Beine sich auseinander bewegen. Sie zeigen den Weg zum Tor in eine Welt der unerfüllten Sehnsucht, der hemmungslosen Lust. Eine Welt des Vergessens, hier kann man sich verlieren, jedoch ist man damit nicht allein. Ich weiß, dort lauert die Maßlosigkeit zusammen mit der Hemmungslosigkeit auf jeden, der die Zauberformel kennt und den Mut hat, diese Welt zu betreten. Bin ich bereit? Soll ich es wagen? Darf ich das Himmelreich betreten? Kenne ich die richtige Zauberformel? Meine Finger erkunden die goldene Mitte zwischen dem eng an den wohlgeformten Kurven liegenden Saum. Nun wird das Seufzen zum Stöhnen, ein Hauch, ein Erzittern, dabei bewegt sich der pinkfarbene Stoff von innen her. Dahinter liegt die geheime Zone, sie zeigt sich, sie sendet Signale.
Verstehe ich die Zeichen? Bin ich willkommen? Pink vibriert. Pink dreht sich und mein Blick ruht wieder auf dem leuchtenden Zentrum und ich weiß, hier decken sich die Farben des Stoffes mit dem, was er verbirgt. Der Puls schlägt höher, seltsam, ich bin doch sonst nicht so aufgeregt. Doch sofort wird mir bewusst, dass es gar keine Aufregung ist. Ein anderes Gefühl verdrängt alles und ist längst zu einem Bedürfnis geworden. Fasziniert beginnt mein Blick zu wandern und streift einen Bauchnabel, der erotischer nicht sein könnte und oberhalb des Bauchnabels drängen zwei kleine, erhärtete Spitzen durch den Stoff der straff gefüllten Körbchen. Sie fordern danach gesehen und berührt zu werden. Doch mein Blick wandert weiter und erkennt den Mund. Zwei Lippen, die leicht feucht nicht unbeweglich bleiben, sondern eine so erotische sanfte Bewegung zeigen, dass meine Erregung nun zur süßen Qual wird. Doch noch kann ich es zügeln, denn mein Blick hat die schönste Nase des Universums gefunden. Ich sehe darüber zwei geschlossene Augen, ein Gesicht voller Magie. Es wirkt vollständig entspannt und doch ist die Spannung spürbar. Aus der Spannung wird ein Wunsch, aus dem Wunsch eine Forderung. Oh, wie habe ich diese Aufforderung herbeigesehnt, die mit einer eindeutigen Körperhaltung unterstützt wird. Ich höre aber auch in der Erinnerung das Lachen und die Lebenslust, die unermessliche intelligente Kreativität sowie die Sensibilität der Offenbarung in Pink. Was fesselt mich mehr? Das Wesen selbst oder der angebotene Weg eines erregenden Abenteuers im Wunderland? Ich spüre ganz sanften Druck, ein zärtliches streicheln genau dort, wo augenblicklich die Machtübernahme meines Denkens und Handelns geschieht. Wie von Geisterhand befehligt ergreifen meine Hände Pink und legen das offen, was es verborgen hielt. Ich küsse das Wunderland und schmecke die große Sehnsucht der Lust. Wunderland erbebt und eine Hand greift zu, dort, wo eben noch ganz sanft nur gestreichelt wurde. Die Zauberformel scheint zu wirken, und… verdammt, da klingelt das Telefon und, na klar, Pink hängt immer noch neben dem Handtuch und ist einfach nur ein Bikini. Meine Güte, aber was für einer… doch ganz sicher umhüllt Pink schon bald wieder dieses zauberhafte Geschöpf. Ich wünschte, sie wäre hier…. Na ja, vielleicht zumindest am Telefon….
AV
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Glosse:
Karibik Urlaub – wie wäre es denn mal mit Venezuela?
Ein nicht ganz ernst gemeinter Reisebericht von Andreas Vones
Sie möchten endlich einmal karibisches Flair erleben und jeden Tag neue, spannende Begegnungen erleben? Sie sind naturverbunden und lieben das Abenteuer? Dann ist Venezuela genau das Richtige für Sie!
Beginnen wir mit dem Klima und dem Wetter: Das ist in Venezuela absolut gesund. Vergessen Sie Ihren wöchentlichen Saunabesuch, den bekommen Sie in Venezuela jeden Tag gratis. Man unterscheidet zwischen „fürchterlich heiß schwül“ und „fürchterlich schwül heiß“. Sintflutartiger Regen spült den Schweiß ab und das Klima ist ideal für Ihren tagelangen Schönheitsschlaf. Herz- und Kreislaufkranke können ihre Leiden hier rapide verkürzen.
Doch nicht nur das Wetter und das Klima sind gesund, auch der Verkehr hält fit. Morgendliche Joggerstunden können Sie sich sparen, denn der Verkehr in Caracas macht sie ganz schnell wieselflink und bringt Sie mit bester Kondition gut in Form. Als Fußgänger empfiehlt sich die bekannte Hasentaktik als gesündeste Variante. Als Autofahrer werden Ihre Nerven und Reflexe geschult, die Verkehrsregeln sind einfach: Erlaubt ist, was gefällt. Und wenn Sie abgehärtet genug sind, ihre ersten Kontakte knüpfen wollen, dann warten Sie einmal getrost an einer roten Ampel auf Grün. Der liebenswerte Venezolaner wird Sie schnell ungehemmt ansprechen und ohne Scheu in den Wortschatz der dortigen Umgangssprache einführen. Eine Einbahnstraße erkennen Sie übrigens daran, dass wesentlich mehr Fahrzeuge in die eine Richtung fahren, als in die Andere.
Wir bleiben noch ein bisschen in der Landeshauptstadt Caracas. Eine beschauliche 11-Millionen-Metropole der unbegrenzten Möglichkeiten. Caracas setzt sich wie viele Städte dieser Welt aus verschiedenen Stadtteilen zusammen. Betrachtet man die modernen, idyllischen Betonsilos in Relation zu den Jahrhunderte alten historischen Stadtteilen, so sehen die besagten neuen Stadtteile heute schon so aus, wie man sich Manhattan nach dem kriegerischen Einfall der Hunnen und Wikinger unter atomarer Bewaffnung vorstellt. Wirklich sehenswert! Ein Bummel durch die ineinander verwobenen Gassen und Wege lädt ein zum Hürden- Hindernislauf mit einem Überblick über alle erdenklichen Errungenschaften der Verpackungs-, Elektronik- und der Autoindustrie. Wie in jeder Weltstadt gibt es natürlich auch so genannte „gefährliche Stadtteile“. Sie befinden sich im Süden und im Westen sowie im Norden und im Osten um den sagenhaften Stadtkern herum. Wenn Sie bei einer Stadtrundfahrt am Ende einer Gasse bemerken, dass kurzerhand und unauffällig die Reifen, die Felgen nebst Antenne und Kofferrauminhalt ihres Fahrzeugs verschwunden sind, dann waren Sie grad in einem dieser genannten Stadtteile. Ist auch noch zusätzlich Ihre Kleidung mit Brieftasche diesem waghalsigen Unternehmen zum Opfer gefallen, dann waren Sie in einem jener Stadtteile, vor denen Sie schon bei Ihrer Ankunft mit vorgehaltener Hand leise gewarnt worden waren. Ja, genau. Jetzt erinnern Sie sich. Lehrlinge in diesen Gegenden sind meist handwerklich noch nicht so geschickt, daher treten sie oft in Rudeln auf.
Erkennungszeichen der Zunft sind die bekannten großkalibrigen Revolver, die Ihnen mit sympathischem Lächeln präsentiert werden. Ja, der Venezolaner ist bei der Arbeit ein stets fröhlicher Mensch. Halten Sie das Ausbildungssystem nicht unnötig auf, so ersparen Sie Lehrmeistern und Ärzten eine Menge Arbeit. Als Reisegepäckversicherung empfehle ich Ihnen einen 5-Jahres-Kurs in Karate und einen Vertrag mit der renommierten Versicherungsgesellschaft Smith & Weston, wenden Sie sich vertrauensvoll an den Kollegen Magnum in der Abteilung Kaliber 3.57.
Bewegen Sie sich aus Caracas heraus, wird das Abenteuer komplett. Sie haben die Wahl zwischen den bildschönen Stränden mit ihrer mörderischen Brandung und den Haien, den ländlichen Gebieten und mit Todesmut können Sie sich nach Ihrer Einzelkämpferausbildung auch in die subtropischen Regionen wagen. Sollten Sie sich für das Meer und für die Traumstrände entscheiden, fahren Sie gleich nur in Badehose. Denn wenn Sie wider
Erwarten die Brandung und die Haie überleben, sind Ihre Sachen am Strand in weiser Voraussicht längst verkauft worden. Dass Sie sich in die ländlichen Gebiete begeben haben, merken Sie ganz leicht daran, dass Ihr Fahrzeug plötzlich von mehr als 90 Kindern im Alter von fünf bis fünfundfünfzig belagert wird. Nicht unüblich dabei ist das Mitführen von allerlei scharfen und spitzen Gegenständen. Während des festlich organisierten Belagerungsaktes wird auch immer wieder dem Staatshelden und Befreier Simon Bolivar gehuldigt. Diskret werden Sie mit diesem Jubel darauf aufmerksam gemacht, dass die Benutzung des von Ihnen gewählten Weges einige Bolivar Wegegeld kostet. Womit Sie dann auch gleich die gültige Währung des Landes kennen lernen. Den Preis erkennen Sie ohne Sprachkenntnisse leicht an der Dauer des Belagerungszustandes.
Für die subtropischen Gebiete Richtung Orinoko und Amazonas-Delta empfiehlt sich ein Generalliefervertrag mit einem Konzern für chemische Waffen. Nur so können Sie Herr der tausend Fliegen und Mosquitos werden. Möchten Sie in ihrer vielleicht schon leicht angeschlagenen Gesundheit in einem der prähistorischen Hotels übernachten, sollten sich auf Ihrem Impfausweis mindestens 46 frische Eintragungen befinden. Da das Mitführen von chemischen Keulen, Flammenwerfern und Kampfgas üblicherweise in Hotels nicht gestattet ist, sollten Sie eine anlassgerechte und passende Kleidung nicht vergessen. Allerdings wird Ihnen durch allerlei kleine und mittlere hochgiftige Jagdspinnen und Echsen das Schlafen in der Ritterrüstung doch sehr erleichtert. Denn viele kleine Nager und stechende Kleingeister werden so am Eindringen durch die Ösen und Kugelgelenke gehindert. Sollten Sie bei schlechtem Wetter in diese Gebiete reisen, können Sie endlich die erlangten Fähigkeiten ihrer Bundeswehr-Pionier-Ausbildung unter Beweis stellen. Im günstigsten Fall hat der kluge Nordeuropäer seinen Bergungs- und Brückenlegepanzer gleich mitgebracht.
Die nunmehr schweißnasse Kleidung hängen Sie bitte nicht an die zahlreich vorhandenen gelbgrünen, taudicken Leinen. Eine der Anakondas könnte Ihnen dieses Verhalten übel nehmen.
Für das erfrischende Baden in stehenden oder fließenden Gewässern sollten Sie unbedingt vorher die 12 Bände umfassende Enzyklopädie über im Wasser enthaltenen Gefahren von tödlichen Bakterien, Viren, Mikroorganismen, Würmern, Piranhas und Vipern bis hin zu Kaimanen studiert haben. Wahrscheinlich werden Sie jedoch auch hierbei die Ritterrüstung nicht ablegen wollen, was den Erfrischungswert des Bades aber stark beeinträchtigt.
Ein noch tieferes Eindringen in das Landesinnere setzt militärische Bewaffnung und das Mitführen des Notfallkoffers mit Leuchtraketen, Dschungelapotheke und Bibel voraus. Auch das Handbuch „Verhalten bei Indianerüberfällen für Jedermann“ sollten Sie griffbereit halten. Für das psychische Gleichgewicht denken Sie bitte vor Reiseantritt bei derartigen Exkursionen an eine stilvolle Verabschiedung zu Hause, der Abmeldung beim Einwohnermeldeamt sowie an die soziale Absicherung Ihrer Familie.
Sie sehen: Venezuela ist reich an Eindrücken und Erlebnissen. Das karibische Urwaldland bietet quasi für jederfrau und jedermann einen absolut runden Aufenthalt mit bleibenden Erinnerungen.
Essays/Nachrufe:
Nachruf vom Januar 2018 zum Tod von France Gall
von Andreas Vones
Sie war meine Erste - Tu étais le premier dans ma vie
Sie schlich sich als erste Frau meines Lebens in meine Träume. Zu erwachsen erschien sie dem Jungen, der ich einst war, damals nicht. Irgendwie erreich-bar, nicht “zu alt” und doch so fern. Ihre Stimme und ihre Songs waren es damals nicht, die mich Poster von ihr aufhängen ließen. Ich habe sie in meinen Träumen auch nicht singen gehört … Doch wenn France Gall mit ihrem zauberhaft sexy Akzent deutsch sprach oder sang, war ich hin und weg. Keine war so blond, so sommersprossig und so sexy (für mich). Keine trug derart kurze Röckchen oder solche Tops. Meine Mutter ahnte ja gar nicht, dass es so was Kurzes überhaupt gibt. "Die hat heute aber wieder einen breiten Gürtel um", stichelte sie mit einem verschmitzten Seitenblick zu mir und natürlich wurde ich rot. Ich erinnere mich genau an meine unkeuschen Momente mit ihr. Immerhin schrieb “der” Gainsbourg den Hit “Les Sucettes” für sie und das Lied handelt von der Lust an einem Dauerlutscher. Doch wer Gainsbourg kennt (Jetaime) weiß genau, dass Serge niemals in seinem Leben an Zuckersüßigkeiten dachte... schon gar nicht bei der Komposition eines Songs über Dauerlutscher.
"Poupée de cire, poupée de son" verhalf Isabelle Geneviève Marie Anne Gall zum Sieg beim Grand Prix Eurovision de la Chanson. Ich möchte gar nicht wissen, wie sie der berüchtigtste und berühmteste französische Lover sonst noch so unter-stützt hat. Er gilt auch als ihr Entdecker. Wie auch immer, das wusste ich ja damals alles nicht, als ich beim Fernsehauftritt zum Song "Zwei Apfelsinen im Haar und an der Hüfte Bananen" inbrünstig hoffte, das die gelben Dinger endlich mal beim Tanzen abfallen. Nun ja, ich erinnere mich auch daran, dass sie die Posterwand schon kurz darauf mit “Ramona” teilen musste. Es dauerte aber nicht lange und die Mädels wurden gegen CCA, Led Zeppelin, Doors, Moody Blues und Bob Dylan ausgetauscht. C`est la vie...
Erst 1987 tauchte sie in meinen Ohren mit "Ella Elle L`A" wieder auf. Der Song wurde weltweit ein Hit und sie erhielt erneut meine Aufmerksamkeit. Denn es ist eine Hommage an Ella Fitzgerald und die Grand Dame des Jazz durfte ich ein Jahr zuvor persönlich kennenlernen. (Mit Benny Goodman) France Gall gehört zur Riege derer, mit denen ich im späteren Berufsleben gerne einmal zu tun gehabt hätte. Immerhin gefiel mir Ihre gereifte Stimme später auch wesentlich besser und der Wechsel vom verspielt zweideutigen Pop zum "richtigen" Chanson war bemerkenswert. Das „Mädchen-Image“ konnte sie erst sehr spät abstreifen. Claude Francois hat sie inspiriert, doch der Weg vom Schlagergirl zur ernsthafteren Sängerin war steinig. Claude Francois konnte sie jedoch nicht langfristig erobern, obwohl, und das ist bemerkenswert, er ihr den Song “For you” widmete. Nur wenige Kenner der Szene wissen, dass daraus mit kleinen Änderungen der große Frank Sinatra Hit “My Way” wurde. Erst der deutsche Sänger und Komponist Michael Berger eroberte sie zunächst mit großen Hits, die er für sie schrieb und aus der musikalischen Gemeinsamkeit wurde eine Liebesehe, die durch Michael Bergers Tod 1992 jäh endete. Und schon ein Jahr darauf, 1993, wurde der nun tödlich zuschlagende Krebs bei ihr entdeckt. Aber schon 1997 starb ihre erste Tochter neunzehnjährig an der jahrelang währenden schweren Krankheit Mukoviszidose. Ein erfolgreiches Berufsleben, doch ein unbeschwertes Privatleben war ihr nicht vergönnt. In Frankreich erhielt sie viele Auszeichnungen und nennenswert ist die Verlei-hung des Ordens zum "Ritter der französischen Ehrenlegion" für Ihr Engage-ment für obdachlose Frauen. Gestern am 7. Januar 2018 ist Isabelle gestorben, sie hat ihren unermüdlichen Kampf gegen den geduldigen Krebs verloren. Ich werde sie niemals vergessen.
Nachruf vom 12. April 2017 auf den Tod von Michael Ballhaus
Von Andreas Vones
Die Filmwelt trauert und ich möchte erinnern: ...an einen ganz großen Lichtbildkünstler dieser Welt und mit Abstand der beste Kameramann Deutschlands, gleichwohl ein charmanter, bescheidener und eindrucksvoller Mensch: Michael Ballhaus ist gestern mit 81 Jahren in Berlin gestorben.
Michael Ballhaus aus Berlin hat Regieträume wahr gemacht und Szenenbilder entwickelt, wie kaum ein anderer. Für Rainer Werner Fassbinder erfand der gelernte Fotograf die berühmte 360 Grad Kamerafahrt um Personen, eine szenische Technik, die von nahezu allen Kamerafrauen und Männern übernommen wurde. Mit Fassbinder drehte Ballhaus 15 Filme und begann zeitgleich mit Wolfgang Petersen zu arbeiten. Der Tatort "Reifeprüfung" wurde zum internationalen Spitzenfilm. Mit Fassbinder und Petersen drehte Ballhaus anschließend in den USA und erarbeitete sich ein legendäres Image. Er wurde Martin Scorseses "Director of Photographie" und der "Lieblingskameramann" von Francis Ford Coppola. Auch Robert Redford und Roland Emmerich drehten mit ihm berühmte Filme. Die Zusammenarbeit mit Fassbinder jedoch war auch für ihn so prägend, wie wohl für jede/n, die oder der, in welcher Position auch immer, mit dem "besessenen" Regisseur zusammengearbeitet hat.
Michael Ballhaus durfte ich bei Dreharbeiten mit Hans W. Geißendörfer "Der Zauberberg" kennenlernen, (Anmerkung: neben hoher Theater- und Filmkunst ist Geißendörfer gleichwohl der Erfinder der "Lindenstraße"). Bei Dreharbeiten ist der Set-Fotograf immer nicht nur auf das Wohlwollen der Akteure/innen vor der Kamera, sondern besonders auf die Zusammenarbeit mit Regie und Kame-ramann/frau angewiesen. Das Klicken der Fotokamera und der Blitz zum Aufblitzen wirken vernichtend auf die Ton- und Kameraarbeit. Um jedoch auch nicht gestellte Szenen authentisch einzufangen, setzte ich bei Dreharbeiten oft ein (legendäres) Nikon 400mm 2,8 Teleobjektiv ein (2,4kg), mit dem seinerzeit (Analogfotografie) große Distanzen überbrückt wurden. Nur so konnte ich auch aus nicht hörbarer Entfernung beachtliche Fotos machen. Ballhaus interessierte sich für den quirligen jungen Fotografen, seinerzeit noch lausbubenhaft in der visuellen Erscheinung, der nichts mehr hasste, als bewegungslos, ohne fotografieren zu dürfen, warten zu müssen. Michael Ballhaus war ein so angenehmer, künstlerisch in sich ruhender und ausgeglichener Mensch, der auch in angespannten Situationen immer besonnen, ausgleichend und beruhigend auf das gesamte Team einwirkte. Er war charmant, unaufgeregt perfektionistisch, immer lichtkünstlerisch im Kopf aktiv, tauschte sich aus, gab Tipps und bot Chancen. In dieser Zeit entwickelten sich lange währende Kontakte. So ent-stand beispielsweise einige Jahre später die erste private Familiengeschichte in Berlin-Zehlendorf mit seiner (ersten) Frau Helga und Sohn Florian Marc. Diese Zusammenarbeit mit Michael Ballhaus war menschlich und fotografisch einzigartig. Die erste Boulevard-Privatreportage mit Familie Ballhaus endete für mich auf der Gästecouch in Zehlendorf, da mir die Kreativgetränke keine Orientierung mehr ermöglichten.
Ich habe Michael Ballhaus bewundert und, ich gebe es zu, ein bisschen Neid auf das großartige Talent kann ich nicht verleugnen. 2013 hat Michael Ballhaus noch fotografisch die Produktion "3096 Tage" (Kampusch Entführung) betreut, jedoch nicht mehr alle Szenen selbst drehen können: denn langsam erblindete der große Lichtbildner. Ein furchtbares Schicksal, dass nur wenig bekannt wurde. Nun dreht der großartige Kameramann nicht mehr, doch seine Bilder werden auch dieses Jahrhundert bestehen und sein Können hat seinen verdienten Platz in der internationalen Filmgeschichte gefunden. Sein Tod berührt mich sehr und lanciert unterdrückte Erinnerungen an vergangene Zeiten im Bewusstsein. Zeiten, als Fotografieren und Filmen eine noch handwerklichere und künstlerische, aber materiell auch wertvollere Tätigkeit als heute war.
Florian Marc Ballhaus hat das großartige Talent seines Vaters in den Genen und sein Talent weiter perfektioniert. Zunächst als Assistent für Filme wie: Men in Black, Gangs of New York (an der Seite seines Vaters) oder Legend of Bagger Vance war er später für die Kamera glorreicher Produktionen verantwortlich: Sex in the City (I-III), Flightplan mit Jodie Foster, der Teufel trägt Prada und viele mehr. Vielleicht denkt Ihr beim Film gucken einmal an den Berliner Fotografen mit Wirkungsort Hamburg, der auszog um die Filmwelt zu verändern. Übrigens, nicht nur die Veränderung der Kamerakunst lag ihm am Herzen, sondern auch die Energieverschwendung und der Klimaschutz. Das „Ballhaus-Projekt“ bleibt wohl bestehen. Michael Ballhaus lehrte an der Hamburg Media School, an der Film- und Fernsehakademie in Berlin sowie an der Hochschule für Film und Fernsehen in München.
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